Spurenstoffe

Medikamente, Industriechemikalien, Körperpflege- und Pflanzenschutzmittel gelangen täglich in unser Abwasser und hinterlassen dort sogenannte anthropogene Spurenstoffe. Das Gefährdungspotential dieser Stoffe ist noch weitgehend unerforscht.

Spurenstoffe (auch Mikroverunreinigungen, Mikroschadstoffe) können in den heutigen Kläranlagen nicht gezielt abgebaut werden. Europaweit wird daher in einer Vielzahl von Forschungsvorhaben erprobt und untersucht, wie diese Mikroschadstoffe mit einer zusätzlichen 4. Reinigungsstufe aus dem Abwasser entfernt werden können.


Forschung zum Schutz der Gewässer

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Gewässerbelastung durch Spurenstoffe genau zu erforschen und dadurch Rückschlüsse auf geeignete, effiziente und wirtschaftliche Maßnahmen zur Verminderung und Vermeidung zu entwickeln. Zu diesem Zweck wurden drei unterschiedlich angelegte Forschungsprojekte gestartet:

Beim Projekt "CoMinGreat" im Förderprogramm Interreg VA Großregion mit einer Laufzeit bis Ende 2022 hatte der EVS die Federführung inne. Bei "CoMinGreat" wurden auf der saarländischen Kläranlage in Bliesen mehrere Technologien für sogenannte vierte Reinigungsstufen parallel installiert und direkt miteinander verglichen. Zum Einsatz kam dabei auch der im Projekt "EmiSûre" entwickelte Bodenfilter mit Spezialsubstraten, der als kostengünstige Alternative für kleinere und mittlere Kläranlagen entwickelt wurde. Betrachtet wurde unter anderem, welche weiteren positiven Auswirkungen sich auf die Reinigungsleistung der Kläranlage ergeben.

Darüber hinaus wurde eine Internetplattform entwickelt, die mittels einer interaktiven Karte alle in der Großregion vorhandenen Informationen zum Thema Spurenstoffe abrufbar macht. Neben dem EVS waren die Universitäten Luxemburg, Lothringen und Kaiserslautern, der lothringische Verband Hydreos und der belgische Dienstleister CEBEDEAU als Projektpartner an CoMinGreat beteiligt.

Weiterführende Informationen

Projektfilm

Ansprechpartnerin für das Projekt:

Tina Vollerthun
Tel. 0681 5000-221
E-Mail tina.vollerthun@evs.de

Das Einzugsgebiet der oberen Blies umfasst neben den größeren, industriell geprägten Städten Neunkirchen und Homburg ländliche Räume wie im  Quellgebiet oberhalb von Sankt Wendel und am Nebenfluss Oster. Daher ist es beispielhaft für die vielen unterschiedlichen Regionen im Saarland. Im Rahmen eines Projektes (12.2016-11.2019) mit der TU Kaiserslautern wurde zunächst ein Messprogramm durchgeführt, das der Kontrolle eines Simulationsprogramms diente. Mit diesem wurde eine sogenannte Stoffflussmodellierung vorgenommen, bei der anhand von verschiedenen Szenarien die Auswirkungen der Nachrüstung einzelner Kläranlagen mit speziellen Reinigungsstufen zur Elimination von Spurenstoffen auf die Gewässerbelastung untersucht wurden. Gemessen wurde an drei Stellen im Gewässer und im Ablauf von vier Kläranlagen. Für die simulierten Szenarien wurden Kosten und Nutzen betrachtet. Die hier gewonnenen Erkenntnisse wurden schließlich auf das gesamte Saarland übertragen. Das Land hat das Vorhaben mit Zuschüssen zu zwei Dritteln gefördert; die restlichen Kosten trug der EVS.

Ansprechpartner für das Projekt:

Dr.-Ing. Ralf Hasselbach
Tel. 0681 5000-223
E-Mail ralf.hasselbach@evs.de

Außerdem wirkte der EVS am Forschungsvorhaben "EmiSûre - „Entwicklung von Strategien zur Reduzierung des Mikroschadstoffeintrags in Gewässer im deutsch-luxemburgischen Grenzgebiet“ (Laufzeit 1.2017 bis 12.2020) mit, in dem die Universitäten Luxemburg und Kaiserslautern Verfahren zur kosteneffizienten Elimination von Spurenstoffen entwickeln wollten. Hier besteht Forschungsbedarf, da die meisten Technologien für vierte Reinigungsstufen für große Kläranlagen entwickelt wurden und sich daher nicht unbedingt für ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis auf Kläranlagen mit weniger als 50.000 angeschlossenen Einwohnern eignen. Zudem ging es darum, mit Hilfe einer Stoffflussmodellierung wie bei der o. g. Studie an der oberen Blies aufzuzeigen, welche Kläranlagen im grenzüberschreitenden Einzugsgebiet der Sauer mit 4. Reinigungsstufen ausgerüstet werden sollten, um mit möglichst geringem Aufwand einen flächendeckend guten chemischen Gewässerzustand zu erreichen. Für dieses Vorhaben erhielten die beiden Universitäten, zwei luxemburgische Zweckverbände und der EVS Zuschüsse von der Europäischen Union im Rahmen des Förderprogramms Interreg VA Großregion.

weitere Informationen zum Projekt EmiSûre

Ansprechpartnerin für das Projekt:

Tina Vollerthun
Tel. 0681 5000-221
E-Mail tina.vollerthun@evs.de

Was kann der Einzelne tun?

  • Abgelaufene oder überflüssige Medikamente gehören in den Hausmüll, nicht in die Toilette!
  • Hausmittel wie Zitrone und Essig statt „chemischer Keulen“ verwenden.
  • Bei hartnäckigem Schmutz Scheuermilch verwenden.
  • Beim Kauf von Reinigungsmitteln auf biologisch abbaubare Inhaltsstoffe achten.
  • Keine Kosmetikartikel mit Mikroplastik benutzen.
  • Lebensmittel und Textilien aus biologischer Landwirtschaft bevorzugen.

Was kann die Politik tun?

  • Kennzeichnung von Produkten bezüglich ihrer Auswirkung auf Gewässer, z.B. mit einem Ampelsystem, auf den Weg bringen.
  • Industriechemikalien und Medikamente vor Zulassung auf Auswirkungen auf das Leben in Gewässern untersuchen lassen.
  • Wirkstoffe mit schädigendem Einfluss auf Gewässersysteme verbieten.

EU-Wasserrahmenrichtlinie und EU-Kommunalabwasserrichtlinie

Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union hat zum Ziel, mit Maßnahmenprogrammen für alle europäischen Gewässer spätestens bis 2027 einen guten Zustand zu erreichen. Im „gutem Zustand“ ist ein Gewässer, wenn die Lebensgemeinschaft der Wasserbewohner nur geringfügig von ihrem natürlichen Zustand abweicht. Gesetze zur unmittelbaren Begrenzung des Spurenstoffeintrags in Gewässer wurden noch nicht erlassen, jedoch gibt es für verschiedene Stoffe sog. Umweltqualitätsnormen, die aussagen, bis zu welcher maximalen Konzentration eine Substanz nach derzeitigem Wissen unschädlich ist. Diese sind ebenfalls in einer Richtlinie der Europäischen Union festgeschrieben.

Mit der Novellierung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie, die voraussichtlich im Herbst 2024 verabschiedet werden wird, werden nun erstmals auch konkrete Vorgaben für den Ausbau von Kläranlagen mit sog. 4. Reinigungsstufen für die gezielte Spurenstoffelimination festgelegt. Die EU-Kommunalabwasserrichtlinie muss dann noch in nationales Recht umgesetzt werden. Damit wird es in Deutschland erstmals eine gesetzliche Grundlage für den Bau von 4. Reinigungsstufen auf Kläranlagen geben.